Demo anfordern
Ich interessiere mich für:
Ich interessiere mich für:

Nie wieder Kaltanruf! Die Zukunft der Vertriebstelefonie

Bild Christian Schmitz

INTERVIEW MIT PROF. DR. CHRISTIAN SCHMITZ

Prof. Dr. Christian Schmitz ist Universitätsprofessor für Vertriebsmanagement und Lehrstuhlinhaber am Sales Management Department der Ruhr-Universität Bochum. Zuvor hat er das Kompetenzzentrums für Business-to-Business Marketing und Vertrieb an der Universität St.Gallen (HSG) geleitet. Christian Schmitz gilt als führender Experte für Vertriebsmanagement und erhielt 2018 die bundesweite Auszeichnung zum Professor des Jahres. Mehr erfahren Sie hier: https://smd.rub.de/

Lieber Herr Professor Schmitz, Sie sind Lehrstuhlinhaber an Deutschlands einzigem Lehrstuhl bzw. universitärem Department für Vertriebsmanagement. Marketing-Lehrstühle gibt es hingegen viele. Warum diese Ungleichheit?

Gute Frage! Allein an den deutschsprachigen Universitäten gibt es über 230 Marketing-Lehrstühle. Mit dem Vertrieb beschäftigen sich aber nur eine Handvoll Kolleginnen und Kollegen. Meine These: Der Vertrieb im deutschsprachigen Raum wurde (nicht nur) an den Universitäten lange nicht für sexy gehalten – Stichwort Klinkenputzer. Und der Vertrieb galt bisweilen als Teil des Marketings, den man beherrscht oder eben nicht. Als Vertriebler wird man geboren, so lautet ein falsches Vorurteil. Aus unserer Sicht braucht es viel mehr Lehrstühle und Departments für Vertriebsthemen. Der Vertrieb ist mit fast vier Millionen Erwerbstätigen einer der größten Wirtschaftsbereiche. 

Im Vertrieb gibt es also reichlich Handlungsbedarf. Welche Themen beschäftigen Sie aktuell in Forschung und Beratung?

Die letzten anderthalb Jahre waren stark durch Corona bestimmt. Der Vertrieb war gezwungen, zukunftsfähige Alternativen zu persönlichen Vor-Ort-Terminen zu finden. Wichtig sind hier die stärkere Bedeutung der klassischen Telefonie und der Videotelefonie sowie der Wechsel ins Homeoffice. Für welche Gespräche braucht man noch Vor-Ort-Termine und welche Konsequenzen hat dies auf die Kapazitäten und Ergebnisse im Vertrieb? Das sind Fragen, auf die wir viele neue Antworten gefunden haben, die wir aber natürlich längst nicht abschliessend beantworten können.

Stichwort Telefon: Was sagt die Forschung zur Verbesserung der Vertriebstelefonie?

In der Vertriebstelefonie gibt es eine zentrale Herausforderung, die wohl jeder kennt. Denn grade der Vertrieb kontaktiert die Zielkunden häufig noch kalt, unangekündigt und ohne Gesprächstermin. Die Trefferquoten sind sehr gering, verursachen aber gleichzeitig einen hohen Aufwand. Klassische Outbound Kampagnen sind daher in vielen Bereichen ein teures Auslaufmodell.  

Kaltanrufe bei Bestandskunden sind seit langem Standard. In der Schweiz darf der Vertrieb sogar potenzielle Endkunden ohne Opt-In anrufen. Welche Erkenntnisse liefert hier die Forschung? 

Hier kommt ein brandaktuelles Forschungsthema zur sogenannten Kundenimpfung ins Spiel: Zielkunden erhalten vor dem Vertriebsanruf eine entsprechende Vorabinformation. Diese Information haben wir dreimal verändert und in einer Studie untersucht:

  1. Im ersten Fall erhalten Kunden vorab per E-Mail eine Information zu einem neuen Produkt. Diese einfache Werbemail löst bei den Zielkunden den geringsten Widerstand aus. Wenn ein paar Tage später der unangekündigte Vertriebsanruf kommt, weisen Zielkunden aber den höchsten Widerstand auf. Die Kampagne wird kaum erfolgreich (aber immerhin mehr, als ohne Vorabinformation).
  2. Im zweiten Fall erhalten Zielkunden neben der Produktinformation auch einen Hinweis zum kommenden Vertriebsanruf. Die E-Mail löst zwar einen höheren Widerstand aus. Doch wenn der Vertrieb wie angekündigt anruft, sinkt der Widerstand und der Vertrieb führt bessere Gespräche. 
  3. Im dritten Fall erhalten Zielkunden neben der Produktinformation auch einen konkreten Tag für den Vertriebsanruf. Wie zu erwarten, löst die E-Mail den höchsten Widerstand aus. Doch der konkret angekündigte Vertriebsanruf hat den geringsten Widerstand. Aufgrund der höheren Akzeptanz steigen die Verkaufszahlen deutlich.

Das klingt sensationell! Und was für ein Zufall, dass Ihre Forschung genau zu unserer Outbound Innovation passt! 

In der Tat haben wir hier ein gemeinsames Thema. Die Kundenimpfung in der Forschung hat viele Parallelen zu den Termineinladungen von ServiceOcean. Hier geht Ihre Software noch einen Schritt weiter und nennt dem Zielkunden sogar die Anrufzeit mit der Möglichkeit zur Umbuchung. Ich gehe davon aus, dass der Vertriebserfolg nochmal steigt. Wissenschaftlich untersucht haben wir das bislang natürlich nicht im Detail, aber es würde uns sehr interessieren. Es spricht vieles dafür.

In der Tat haben wir vielversprechende Ergebnisse. Hat die Kundenimpfung neben der Erreichbarkeit noch weitere Vorteile? 

Die Termineinladung ist eine vertrauensbildende Maßnahme. Wenn der angekündigte Termin eingehalten wird, ist ein erstes Mal bewiesen, dass Versprechen eingehalten werden. Dies bringt auch Vorteile für die Vertriebsmitarbeiter, die pünktlich mit vorbereiteten bzw. geimpften Kunden sprechen. Die ganze Gesprächskultur verbessert sich. Spannend für die Forschung wäre auch hier die Stornofunktion Ihrer Software. Was passiert, wenn Zielkunden den Gesprächstermin stornieren können und der Vertrieb nur noch gesprächsbereite Kunden anruft? Hier betreten wir absolutes Neuland. Die Kundenimpfung inklusive Stornierungs- oder Umbuchungsfunktion ist sicher eine spannende Option für den Vertrieb der Zukunft. Und natürlich auch für uns in der Forschung.

Herzlichen Dank für die Einblicke in Ihre Forschungsarbeit! Auch wir können feststellen, dass die Impfung einen erheblichen Mehrwert für Unternehmen und Kunden bietet. Wir bleiben gemeinsam an diesem Thema dran und freuen uns auf die weiteren Schritte. Vielen Dank für das spannende Interview und die Zusammenarbeit!

Das könnte Sie auch interessieren: