Faszination Start-up! Stefan Loacker über die Symbiose von Versicherungen und InsurTechs
Stefan Loacker war fast 10 Jahre Group CEO der Helvetia Versicherungen mit etwa 12.000 Arbeitnehmern weltweit. Seit 2017 konzentriert er sich auf Verwaltungsratsmandate und ist heute in den Boards der Swiss Life Holding, der Vontobel Holding sowie der SWICA Krankenversicherung tätig. Herr Loacker ist zudem Business Angel und investiert in verschiedene Start-ups, wie auch ServiceOcean.
Im Interview spricht er über seinen spannenden Werdegang als CEO und Verwaltungsrat, die Faszination für Start-ups, und nicht zuletzt über das leidige Thema Warteschleifen.
Herr Loacker, starten wir direkt ins Thema Start-up: Was ist Ihr Antrieb, zusätzlich einen neuen Weg als Investor einzuschlagen?
Vor ein paar Jahren ist das Thema Innovation in der Assekuranz richtig angekommen, getrieben durch die Digitalisierungswelle. Wir haben uns mit der Geschäftsleitung der Helvetia Versicherungen intensiv mit dem Thema Innovationsstrategie auseinandergesetzt und wollten einen besseren Zugang zu den Start-ups dieser Welt bekommen. Also sind wir nach Berlin gereist und haben uns auf eine spannende und relevante Reise in die Welt der Start-ups gemacht. Hier ist der Funke übergesprungen und wir haben den Turbo in Sachen Innovationsstrategie gezündet: Im Nachgang haben wir als Helvetia Versicherung den Helvetia Venture Fund gegründet.
Damit hat sich auch für mich persönlich eine Tür geöffnet. Mir war klar: Wenn ich einmal nicht mehr Executive CEO bin, dann will ich einen Teil meiner Zeit für Start-ups einsetzen. So ist es auch gekommen.
Was begeistert Sie an Start-ups und wo setzen Sie ihren Fokus?
In Konzernen gibt es rigide Strukturen, große Substanzen, viele Regulierungen, Compliance-Themen. In der Welt der Start-ups hingegen geht es primär um die Kunden und Produkte. Die unternehmerische Freude und die Leichtigkeit faszinieren mich. In dieser Innovations- und technologiegetriebenen Welt eine Rolle zu spielen, gibt mir sehr viel Energie.
Mein eigenes Portfolio ist aus engem Fokus rund um Insurtech/ Fintech in die Breite gewachsen. Ich investiere in große Themen, die positiven Impact für unsere Gesellschaft bringen sollen.
In welche Start-ups haben sie zuletzt investiert?
Jüngst habe ich in drei Start-ups investiert. Das Start-up Aleph Farms aus Israel züchtet Rindfleisch aus Stammzellen. Onward ist ein Spin-Off der Technischen Universität in Lausanne. Sie haben eine Technologie entwickelt, die ermöglichen kann, dass gelähmte Leute durch die Überbrückung von beschädigten Nervenbahnen in der Wirbelsäule mit elektrischen Impulsen wieder laufen können. Außerdem möchte ich das FinTech Ecolytics nennen. Sie haben einen Algorithmus entwickelt, der es ermöglicht, aus Banktransaktionen monatlich einen CO2-Fußabdruck unseres Konsumverhaltens zu berechnen und Verbesserungsvorschläge aufzuzeigen.
Daneben habe ich auch in mehrere Spin-Offs der Hochschule St.Gallen investiert, wie zum Beispiel ServiceOcean.
Wären Sie selbst ein guter Gründer?
Ich glaube nicht, dass ich selbst ein so guter Gründer wäre. Ich denke immer, in unserer Welt fehlt es doch an nichts mehr und es ist alles schon erfunden, aber ich werde immer wieder vom Gegenteil überzeugt. Ich freue mich, dass ich nun auf dieser Innovationswelle mit surfen kann.
Was können Konzerne von Start-ups lernen?
Ganz klar: Die hundertprozentige Orientierung zum Kunden. Das machen Start-ups den Konzernen schon gut vor. Ein weiterer Punkt ist die Kapitaleffizienz. Ich bin immer wieder erstaunt, wie weit die Gründer mit ihrem eigenen Kapital kommen. Hier werden schon mit wenigen tausend Euro Unternehmen aufgebaut. Steht hingegen bei einem Konzern ein neues IT-Projekt an, kostet das schnell mal Millionen. Der Umgang mit Geld und das Brennen für die eigene Idee fasziniert mich. Das ist in Großkonzernen schwierig zu erzeugen.
Aber auch Start-ups wollen skalieren und wachsen und brauchen strategische Partner. Hier müssen ebenso mit der Zeit Strukturen, Prozesse und Systeme entwickelt werden. Ich versuche, die beiden Welten zu verbinden.
Sprechen wir über die Versicherungsbranche: Konzern mit klassischen Strukturen und Prozessen oder innovatives InsurTech: Wo bewegt sich die Branche aus Ihrer Sicht hin? Was sind Herausforderungen?
In der Zukunft wird es eine Symbiose aus Versicherungskonzernen und InsurTechs geben. Ich sehe das nicht als Wettkampf, sondern als Co-Existenz beider Seiten.
Konzerne werden weiter relevant bleiben. Aber gleichzeitig gibt es viele Start-ups, die einzelne Module in der Wertschöpfungskette clever besetzen und auf eine coole Art neu interpretieren. Versicherer sollten sich aktiv damit auseinandersetzen und die besten Start-ups für sich identifizieren.
Ähnlich ist es auch mit ServiceOcean – die Firma leistet ebenfalls einen sehr großen Beitrag in der Wertschöpfungskette der Versicherungsbranche.
Was ist die größte Herausforderung in der Versicherungsbranche?
Es gibt viele Herausforderungen! Für mich ist es in der Lebensversicherungsbranche weiterhin das Thema Zinsumfeld. Vor welcher Herausforderung jedoch alle stehen, ist die Digitalisierung.
Und was wäre Ihre Lösung?
Bezüglich der Digitalisierung finde ich es wichtig, eine mutige und vorwärtsorientierte 3 bis 5 Jahres-Roadmap zu erstellen, die die schrittweise Digitalisierung der Wertschöpfungskette umfasst. Dazu gehören Themen wie Kundenerlebnis, Big Data oder Prozessautomatisierung. Wir bei Swiss Life nennen es «phygital» – also physisch und digital, eine gut definierte hybride Mischung, bei der man nicht alles den Maschinen überlässt.
Was die Kapitalanlagen betrifft, sichert ein sogenanntes Asset-Liability-Management eine technisch saubere Bilanzstruktur. Aber das Thema ist vielleicht weniger sexy für dieses Interview.
Aber läuft ein Konzern mit einer 3 bis 5 Jahres-Roadmap nicht schnell Gefahr, sich wieder in festen und nicht agilen Strukturen festzufahren?
Das ist ein sehr guter Punkt, den es abzuwägen gilt. Einerseits sind IT-Projekte in Konzernen immer längerfristig priorisiert. Die kann man nicht einfach wie bei einem Start-up in Sprints von zwei Monaten erledigen. Doch Sie haben völlig recht, es muss auch agil bleiben und wir können nicht einfach unseren 5 Jahresplan durchziehen. Gehen wir von einer 3 Jahres-Roadmap aus, ist dies ein dynamisches Instrument. Hier werden Prozesse kontinuierlich analysiert und gegebenenfalls angepasst. In großen Konzernen braucht es eine gewisse Agilität, doch einige Leitplanken sind hier extrem wichtig.
Mensch oder Maschine: Wie sieht der Kundenservice der Zukunft aus?
Die richtige Mischung machts. Routinetätigkeiten können immer mehr an Maschinen delegiert werden können. Ich bin davon überzeugt, dass gute Werkzeuge und Maschinen uns den Raum geben für qualitativ hochwertige Zeit für persönliche Kommunikation von Mensch zu Mensch.
Was halten Sie von langen Warteschleifen?
Da gerät mein Blut in Wallung. Sobald ich in einer langen Warteschleife verharren muss, lege ich wieder auf. Zum Glück bietet ServiceOcean eine Lösung dafür.
Das war sicher ein Grund für Sie, in ServiceOcean zu investieren. Was hat Sie noch überzeugt?
Für mich gibt es drei Kriterien bei der Auswahl eines Start-ups: Eine potenzialstarke Geschäftsidee, ein herausragendes Gründerteam und der persönliche Bezug. Für mich stimmen alle drei Punkte bei ServiceOcean überein:
- Die potenzialstarke Geschäftsidee: Call Center Technologien sind für mich kein Randthema. Fast jedes Unternehmen beschäftigt sich mit dem Thema Customer Centricity. Deswegen braucht es ServiceOcean – eine Firma, die erkannt hat, wo es weh tut und mit einer innovativen Software die gehassten und nicht mehr zeitgemäßen Warteschleifen durch Termine ersetzt. Eine absolut relevante Lösung.
- Die beiden Gründer, ihre Persönlichkeit und ihr unternehmerisches Charisma, aber auch das wachsende Team sind einfach großartig. Die Werte, die das Team vertritt und die tollen Persönlichkeiten ergeben ein starkes Team.
- Der persönliche Bezug zu ServiceOcean ist ebenfalls gegeben. Einerseits gibt es viele Kunden aus der Versicherungsbranche, denen die Software von ServiceOcean einen erheblichen Mehrwert bietet. Andererseits habe ich den lokalen Bezug zu St. Gallen, dem Gründungsort von ServiceOcean. Meinen operativen Support kann ich am besten bei regional ansässigen Gesellschaften geben.
Ich kann voll und ganz hinter allem, was ServiceOcean ausstrahlt, stehen und bin stolz, ein Teil davon zu sein.
Pia Unke: Wir sind ebenfalls dankbar für Ihre tatkräftige Unterstützung als Investor und Berater bei ServiceOcean. Herzlichen Dank für das interessante Interview. Auf eine gute weitere Zusammenarbeit!
ServiceOcean steht seit 2013 für eine neue Erreichbarkeit im digitalen Zeitalter. Innovative Softwarelösungen verbessern Kennzahlen und ersetzen Warteschleifen im Service Center, Kaltanrufe im Vertrieb und Wartezeiten vor Ort durch intelligente Termine. Die flexible Gesamtlösung funktioniert auslastungsbasiert, vollautomatisch, minutengenau und benötigt keine Schnittstelle. Unternehmen profitieren von den besten Kennzahlen bei der Erreichbarkeit, einer hohen Kosteneffizienz sowie begeisterten Kunden und Mitarbeitern. Der mehrfach ausgezeichnete Innovationsführer wächst an den Standorten in St. Gallen und Köln.